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Otto Piene, Testinstallation Olypmpischer Regenbogen, 1972, St. Paul, MN, USA, 1. August 1972 © 2024 Pro Litteris, Zürich; Otto Piene Estate Foto: Jean Nelson, Otto Piene Archiv Otto Piene
Dr. Sandra Beate Reimann: “Der positive, lebensbejahende Ansatz, der an die Potenziale der Kunst glaubt, hat uns sehr fasziniert.“
Das Museum Tinguely in Basel zeigt derzeit den deutschen Künstler Otto Piene. Mit dieser Präsentation wird das Werk des Künstlers erstmals in einer umfassenden Sonderausstellung gewürdigt - zehn Jahre nach seiner Retrospektive, die 2014 in Berlin noch zu seinen Lebzeiten eröffnet wurde. Otto Piene verfolgte mit seiner Kunst ambitionierte Ziele: Er war nicht nur ein Künstler der schwebenden Himmelskunst und der medialen Projektionen, sondern wollte mit seinen Werken einen Beitrag zu einer harmonischeren und nachhaltigeren Welt leisten.
Otto Piene lebte und arbeitete auch lange Zeit in Düsseldorf, wo unser Alethea Magazin seinen Sitz hat. Otto Piene wurde erstmals 1958 zusammen mit Heinz Mack als Mitbegründer von Zero in Düsseldorf bekannt. 1961 stieß dann Günther Uecker zum Kern der Gruppe. Seine zweite große Schaffensperiode ist vor allem durch die Erfindung der Sky Art geprägt. Ein besonderer Höhepunkt seiner Sky Art ist der olympische Regenbogen, den er bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele 1972 in München über dem See des Olympiaparks in den Himmel steigen ließ.
Mit der Ausstellung "Otto Piene. Wege ins Paradies" spürt das Museum Tinguely nun den Visionen des Künstlers entlang der wichtigsten Projekte und Werkserien seines Oeuvres nach. Wir sprachen mit den Kuratorinnen Dr. Sandra Beate Reimann und Dr. Lauren Elizabeth Hanson über die Bedeutung seines Werks. Otto Piere's Manifest "Ja, ich träume von einer besseren Welt. Soll ich von einer schlechteren träumen?" war der Ausgangspunkt für diese Ausstellung. Der lebensbejahende Ansatz des Künstlers, der an das Potenzial der Kunst glaubte, war die große Inspiration für das Team. Die Ausstellung ist bis zum 12. Mai 2024 in Basel zu sehen.
17. Februar 2024
ART
Name: Dr. Sandra Beate Reimann
Beruf: Kurator am Museum Tinguely
Ausbildung: Dr. phil in Kunstgeschichte
Otto Piene mit Tent II, Sky Event für Lichtspur im Haus der Sonne, WDR3, 1974 © 2024 ProLitteris, Zürich: Otto Piene Estate, Foto: Otto Piene Archiv
"Ja, ich träume von einer besseren Welt.
Soll ich von einer schlechteren träumen?"
Otto Piene
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Otto Piene für die Kunstgeschichte ein und warum war es so wichtig, den Künstler nach der großen Retrospektive in Berlin vor 10 Jahren mit dieser Ausstellung zu würdigen?
Otto Piene hat 1958 zusammen mit Heinz Mack Zero in Düsseldorf gegründet. Gegenüber dem Dunkel des Krieges und in Abgrenzung zur gestischen Malerei der Zeit proklamierten Zero einen Neuanfang der Kunst orientiert an Licht, Vibration, Reinheit, Energie und Kosmos. Später ab Ende der 1960er Jahre hat Piene die Sky Art erfunden und sich aus seinem Interesse an der Verbindung von Kunst und Technik auch zu einem Pionier der Medienkunst entwickelt. Zum Beispiel schuf er zusammen mit Aldo Tambellini 1968 das erste Kunstwerk für das Fernsehen überhaupt. Trotzdem ist seine Kunst ausserhalb Deutschlands weniger bekannt. Und gerade heute sind Pienes wegweisende Strategien des Kombinierens von Kunst mit Technologie und sein Anspruch an ein soziales und umweltbezogenes Potenzials der Kunst wieder besonders relevant.
Otto Piene veröffentlichte 1961 in der Zeitschrift ZERO 3 einen Artikel mit dem Titel "Wege zum Paradies". Was hat Sie dazu bewogen, diesen Titel zu wählen?
Sein Manifest begann Otto Piene mit den Zeilen:
«Ja, ich träume von einer besseren Welt.
Sollte ich von einer schlechteren träumen?»
Dieser positive, lebensbejahende Ansatz, der an die Potenziale der Kunst glaubt, hat uns sehr fasziniert und wir haben ihn daher zum Ausgangspunkt für unsere thematisch strukturierete Ausstelung gewählt.
Wie würden Sie "Wege zum Paradies" heute in den Kontext der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation stellen?
Auch heute beobachten wir, dass sich Künstler:innen für das Verhältnis von Kunst und Technik interessieren, ebenso wie sie gesellschaftliche und politische sowie ökologische Fragen wieder verstärkt ins Zentrum ihrer künstlerischen Praxis stellen. Auch vor diesem Hintergrund lohnt es sich einen neuen Blick auf Otto Pienes Kunst zu werfen.
Wie lange arbeiten Sie als Kuratorin generell an einer Ausstellung und wie ist es für Sie, wenn eine Ausstellung über einen so wichtigen Künstler realisiert werden kann?
An dieser Ausstellung haben Dr. Lauren Elizabeth Hanson und ich ein gutes Jahr gearbeitet. Das ist sehr kurz für eine solch umfangreiche Ausstellung mit Archivrecherchen und einer Katalogpublikation. Die Zusammenarbeit war daher besonders wichtig und die Ausstellung hat von unserem inhaltlichen Austausch sehr profitiert.
Unsere Redaktion wird in Basel sein und über die Basler Faßnacht berichten? Wie erleben Sie sie?
Für die Basler:innen sind das die «drey scheenschte Dääg». Ich selbst kenne aus meiner Kindheit vor allem die Mainzer Fastnacht. Die Basler Fasnacht ist im Unterschied dazu stark in aktive und passive Personen getrennt. Man verkleidet sich zum Beispiel als Zuschauer:in nicht. Meinem Eindruck nach sind auch volkstümliche Bräuche ebenso wie militärische Ursprünge noch stärker spürbar.
Otto Piene, Lichtraum mit Mönchengladbacher Mauer, 1963-2013 Pappe, Holz, Metall, Motor, Licht Maße variabel Otto Piene Estate, mit freundlicher Genehmigung von Sprüth Magers © 2024 ProLitteris, Zürich: Otto Piene Estate Foto: mit freundlicher Genehmigung von Sprüth Magers © Timo Ohler
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